25.10.2017
Büchners Facettenreichtum auf die Bühne gebracht
THEATERmobileSPIELE mit „buechner.die.welt.ein riss“ zu Gast an der FWG
„Das leiseste Zucken des Schmerzes und rege es sich nur in einem Atom,
macht einen Riss in der Schöpfung von oben bis unten.“
Georg Büchner, Dantons Tod (1835)
Die sogenannten Sternchenthemen schülergerecht auf die Bühne bringen, ist ein Ziel der Theaterinszenierungen der THEATERmobileSPIELE aus Karlsruhe. Sie gastierten am 20. Oktober2017 an den Friedrich-Weinbrenner-Gewerbeschulen mit dem Theaterstück „buechner. die welt. ein riss.“. Während zwei aufeinander folgenden Aufführungen spielten sie vor etwa 140 Schülerinnen und Schülern verschiedener Klassen- und Kursstufen des Berufskollegs und Technischen Gymnasiums.
Diese und die begleitenden Lehrerinnen und Lehrer sahen eine einfühlsame, teilweise aufschreckende und verwirrende literarische Collage, die der Regisseur Thorsten Kreilos aus dem gesamten Werk Büchners komponiert hat.
Er nimmt dabei Büchners quasi-dokumentarische Arbeitsweise als methodischen Ausgangspunkt und wendet sie auf ihn selbst an: Reale gesellschaftliche (auch biographische) Verhältnisse und historische sowie literarische Quellen waren für Büchner immer der Anlass für sein Schreiben.
Es finden sich also Zitate aus dem „Hessischen Landboten“, Büchners Flugschrift gegen die sozialen Missstände seiner Zeit, sowie aus der Erzählung „Lenz“. All dies mündet dann immer wieder in Sequenzen aus seinen drei Dramen „Leonce und Lena“, „Woyzeck“, „Dantons Tod“.
Da diese Aufführung ein „ein-Mann-Stück“ ist, lässt Kreilos seinen Protagonisten (Norman Nowotko) in die verschiedenen Figuren schlüpfen, auch inhaltlich wird der politischen Kritik und seinen Forderungen nach dem freien Menschen weiter Raum eingeräumt.
Es wechseln sich tragische Sequenzen mit komödienhaften, wenn die Papp-Krone den Protagonisten zum „Bürger-King“ macht, oder die Deutschlandfahne auf dem offenen Hosenlatz prangt. Um dann eben wieder das tragische Drama darzustellen – mit Woyzeck am Gängelhalsband mit Hundeleine, oder wenn am Ende eine Babypuppe unterm Fallbeil der Guillotine den Kopf verliert. Damit schließt sich dann auch der Kreis entlang der Frage Dantons „Was ist das, was in uns hurt, lügt, stiehlt und mordet?“
Auch das Bühnenbild ist ein unbedingter Teil der Handlung, denn es wird von Szene zu Szene weniger, bis am Ende nur noch ein Gerippe aus Ästen auf der Bühne verbleibt, ein trostloser, kahler und leerer Raum, in dem die Trikolore nur noch Abfall ist.
Nach der Aufführung stellen sich in diesem Ambiente zunächst der Regisseur, in Folge auch der Schauspieler den vielen Fragen eines sehr interessierten und teilweise überraschten Publikums. Dabei kam das Gespräch sowohl auf Sequenzen aus dem literarischen Werk Büchners und deren Umsetzung durch Kreilos bzw. den Protagonisten, wie auch auf das Bühnenbild und dessen Entwicklung, sowie auf die verschiedenen textverbindenden Leitmotive Büchners wie etwa Atheismus, soziale Ungerechtigkeit, menschliche Freiheit, aber auch die inszenierende wie schauspielerische Arbeit von „THEATERmobileSPIELE“.
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